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23. Februar 2019

Haftungsfragen beim Beladen eines LKW an der Rampe einer Lagerhalle

OLG Köln, Urteil v. 6.12.2018 – Zur (offen gelassenen) Frage der KFZ-Eigenschaft einer sogenannten "Elektro-Ameise" und den Voraussetzungen der Zuordnung eines Beladeunfalls zum zu beladenden KFZ bzw. LKW.

OLG Köln, Urteil v. 6.12.2018 – 3 U 49/18, BeckRS 2018, 33093

Sachverhalt:

Ausgangspunkt dieses Rechtsstreits war ein Unfall, der sich in einer Lagerhalle im Zusammenhang mit dem Beladen zweier LKW ereignete. Der Kläger und der Beklagte hatten hierfür ihre LKWs jeweils an der Laderampe der Halle abgestellt und beluden die bereit gestellten Paletten. Hierfür verwendeten sie sogenannter „Elektroameisen“ d.h., Hubwagen mit eigenem Elektroantrieb, die man – zu Fuß hinterherlaufend – an einer Deichsel lenkt. Der Bekl., der wegen der auf seiner „E-Ameise“ gestapelten Paletten in Fahrtrichtung keine Sicht nach vorn hatte, fuhr mit seiner "E-Ameise" dem vor ihm laufenden Kläger "in die Hacke" bzw. von hinten gegen den rechten Fuß und verletzte diesen erheblich.

Das LG, wertete die „E-Ameisen“ als Kraftfahrzeuge i.S.d. StVG und begründete die Haftung somit gemäß § 18 StVG und kam - nach Abwägung der Verursachungsbeiträge - zu einer Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Beklagten. Das LG sprach ihm daher ein Schmerzensgeld v. 18.000 € zu. Den Feststellungsantrag wies es jedoch als unbegründet zurück, da dieser sich auf bereits entstandene Schäden bezogen habe.

Das OLG teilte die Ansicht des Klägers lediglich bezüglich des Feststellungsantrages und bestätigte im Übrigen das Urteil des Landgerichts.

Entscheidung des OLG

Das OLG hielt hinsichtlich des Feststellungsantrages und mit Hinweis auf BGH NJW-RR 2016, 759 die Feststellungsklage für zulässig, da sich vorliegend der Schaden zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befunden habe. Dass der Anspruch bereits teilweise beziffert werden konnte, sei insofern unschädlich. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvollerweise erst nach Abschluss der Entwicklung beziffert werden kann (BGH NJW 1984, 1552).

Im Übrigen seien die Einwendungen des Kl. gegen das Urteil des LG jedoch nicht durchgreifend. Zwar sei fraglich, ob es sich bei einer „E-Ameise“ um ein KFZ i.S.d. StVG handele (insofern ablehnend, da lediglich an einer Deichsel geführt, OLG Hamm, Urteil vom 14.3.1984 – 20 U 316/83; vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 26.3.1986 – Iva ZR 86/84 – NJW-RR 1986, 900); dies könne jedoch dahinstehen, denn die Beladungstätigkeit des Bekl. ist nach der neueren Rspr. des BGH (vgl. BGH Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15) beim Betrieb eines KFZ – nämlich des LKW des Bekl. – entstanden. Insofern komme es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht. Hierunter falle – so der Senat – „nicht nur die Gefahr durch das zu entladende Kraftfahrzeug als solches, sondern auch diejenige Gefahr, die von den Entladevorrichtungen und dem Ladegut ausgeht (BGHZ 105, 65; BGHZ 208, 140)“; gleiches gelte auch für das Beladen und zwar unabhängig davon, ob die Beladevorrichtung (hier: E-Ameise) zum LKW des Bekl. gehöre oder vor Ort hierfür nur entliehen wurde.

Auch die Schmerzensgeldbemessung und die vom LG insofern mindernd gewertete nur „auf wenige Jahre begrenzte“ Berufsunfähigkeit des Kl. sowie dessen „mitwirkende Verursachung“ seien - so der Senat - nicht zu beanstanden. Zwar sei mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit der Schmerzensgeldbemessung eine zahlenmäßige Quotierung nicht zulässig, jedoch findet der Gedanke mitwirkender Verursachung als ein „in der Person des Geschädigten liegender Umstand“ im Rahmen der Schmerzensgeldbemessung anerkanntermaßen „in gleichem Umfang Berücksichtigung wie dies bei den materiellen Schadenspositionen der Fall ist“.

Anmerkung:

Zur KFZ-Eigenschaft von „Elektro-Ameisen“ finden sich bis heute nur sehr wenige Entscheidungen. Wie vorliegend das OLG Köln, ließ auch der BGH (BGH Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15) die Frage offen, ob es sich bei einem solchen Be- und Entladegerät um ein KFZ handele; damals wie hier vorliegend war dies nicht relevant, da der Beladevorgang als solcher bereits dem zu beladenden KFZ (hier: LKW) zugeordnet werden konnte.

In der Praxis relevant sind jedoch bei Unfällen mit derartigem, meist in Lagerhallen oder auf Betriebsgeländen geführtem Gerät stets zwei Aspekte:

  1. Die Deckungsrelevante Zuordnung zur Betriebshaftpflicht - Stichwort: „Große Benzinklausel“ - oder deren Ausschluss, der dann jedoch „in der gebotenen Klarheit“ (so BGH Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15) vorzuliegen hat, woran es beim dem, vom BGH entschiedenen Sachverhalt mangelte.
  2. Die Haftungsbeschränkungen des SGB VII: Insofern zu benennen ist zum einen die Haftungsbeschränkung gemäß §§ 2 Absatz 2 i.V.m. 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII; 2 (Stichwort: „Wie-Beschäftigter“ - hierzu OLG Hamm, NJW-RR 2002, 1317-1318) und zum anderen, die Haftungsbeschränkung gemäß § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII (Stichwort: „gemeinsame Betriebsstätte“ - vgl. hierzu OLG Hamm, NJOZ 2011, 2014 sowie Kampen, Die gemeinsame Betriebsstätte, NJW 2012, 2234).

Andreas Slizyk

Rechtsanwalt

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