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Versicherungsrecht

Das Versicherungsrecht wird durch die Versicherungsbedingungen geprägt und durch das Versicherungsvertragsgesetz als Basis normiert. Seit der Deregulierung im Jahr 1994 unterliegen die Versicherungsbedingungen nicht mehr der Vorabkontrolle durch die Aufsichtsbehörde, was zu einem hohen Wettbewerb und infolgedessen zu der enormen Vielfalt an unterschiedlichsten und teilweise sehr komplexen Versicherungsbedingungen geführt hat, wie wir sie heute vorliegen haben.

  • Die Versicherungsbedingungen, die – jedem Versicherungsvertrag zugrunde liegen – regeln im Wesentlichen die vom Versicherungsnehmer (kurz: VN) mit seinem Versicherungsunternehmen (kurz: VU) individuell vereinbarten Leistungsinhalte und Leistungseinschränkungen, wogegen das
  • Versicherungsvertragsgesetz (kurz VVG) – für alle Versicherungszweige – die allgemeinen Spielregeln aufstellt und umfassend die Rechte und Pflichten der VU, der Versicherungsvermittler und -berater sowie der VN regelt und letzterem
  • Obliegenheiten auferlegt, die sowohl vor Abschluss des Versicherungsvertrages gelten als auch solche, die im Schadenfalle zu beachten sind.

Gerade die Verletzung der Obliegenheiten, die den VN zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen veranlassen, ist ein sehr häufiger Grund für das VU, den versprochenen Versicherungsschutz aufzukündigen bzw. nicht zu gewähren, was nicht selten vor Gericht endet. Das Versicherungsvertragsrecht unterscheidet dabei zwischen

  • gesetzlichen (= vom VVG geregelt)
  • vertraglichen (vom VU dem VN auferlegte) Obliegenheiten und unterteilt diese in
  • Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungs- bzw. Schadenfalles und
  • Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungs- bzw. Schadenfalles

Auf vier besonders wichtige Obliegenheiten sei kurz eingegangen:

  • Die vorvertragliche Anzeigepflicht gemäß § 19 VVG
    Beispiel: Der Gebäudereiniger Max Mustermann interessierte sich im Jahr 2000 für eine Berufsunfähigkeitsversicherung (kurz: BU) bei der Pfefferminzia Versicherung. Diese überließ ihm deshalb einen umfassenden Gesundheitsfragebogen. Dort hieß es:Fanden in den letzten 5 Jahren ambulante oder stationäre Behandlungen, Untersuchungen, Operationen, Psychotherapien oder andere Therapien statt? Max Mustermann lag 1998 wegen einer schweren Fußfraktur im Krankenhaus. Dennoch kreuzte er im Fragebogen insofern „nein“ an. Er erhielt – da die Pfefferminzia Versicherung von einem gesunden VN ausging - den gewünschten Versicherungsschutz. Im Jahr 2009 erkrankte Max Mustermann schwer und wurde berufsunfähig. Deshalb nahm er die Pfefferminzia auf Zahlung seiner BU-Rente in Anspruch. Diese hatte jedoch inzwischen vom Krankenhausaufenthalt im Jahr 1998 erfahren und trat daher – mit Verweis auf § 19 VVG – vom Vertrag mit Max Mustermann zurück, da Sie bei Kenntnis der schweren Fußfraktur den Vertrag nicht abgeschlossen hätte.
    Gerade bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit ihren relativ hohen Jahresprämien und langen Laufzeiten sind daher die Fragen des VU exakt und wahrheitsgemäß zu beantworten. Im Zweifel (wenn z.B. eine inzwischen vollständig verheilte Fußfraktur vorlag) hilft die Vorlage eines aktuellen ärztlichen Attests, um den (inzwischen wieder) guten aktuellen Gesundheitszustand für das VU u dokumentieren.
    § 19 VVG gilt jedoch nicht nur für eine BU-Versicherung, sondern für alle Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag in der gewünschten Form abzuschließen, erheblich sind und somit für den Abschluss aller Versicherungsverträge.
  • Das Verbot der Gefahrerhöhung gemäß § 23 VVG
    Beispiel: Otto Graf hat für seine alte Villa eine Hausrat- und Kunstversicherung abgeschlossen. In die Villa wird eingebrochen; wertvolle Bilder werden entwendet. Zum Schutz der Kunstgegenstände war die Villa – wie von seinem VU bei Abschluss des Vertrages vorgegeben - mit einer Alarmanlage gesichert. Diese hatte Graf jedoch eigenhändig abgeschaltet, nachdem er nachts immer wieder durch Fehlalarm geweckt und zudem von seinen Nachbarn wegen der Ruhestörung beschimpft worden war. Obwohl ihm der nun fehlende Schutz seines Hauses bekannt war, sicherte er während seiner vierwöchigen Urlaubsabwesenheit seine Villa nur mit einem einfachen Türschloss. Die Versicherung verweigerte die Zahlung unter Berufung auf die Gefahrerhöhung.
    Das Argument der Gefahrerhöhung lässt sich jedoch häufig zugunsten der VN widerlegen; insbesondere, wenn der Vorwurf nicht – wie in meinem Beispielfall – in einem Tun, sondern die Gefahrerhöhung durch Unterlassen (z.B. der Reparatur der von alleine ausgefallenen Alarmanlage) herbeigeführt wurde oder dem VN gar nicht bewusst war. Denn bei einem Unterlassen stellen sich die Gerichte häufig auf die Seite der Versicherungsnehmer
  • Die Anzeigepflicht des VN im Versicherungsfall gemäß §30 VVG
    Beispiel: Der VN meldet seinen während eines Italienurlaubes entstandenen Vollkaskoschaden – entgegen der in den Versicherungsbedingungen vorgeschrieben Wochenfrist - erst nach zwei Monaten, als er wieder zu Hause angekommen war.
    Die Versicherung verweigert die Leistung der Reparaturkosten. 
  • die Auskunftspflicht des VN im Versicherungsfall gemäß §31 VVG.
    Beispiel: der VN hat eine Hausratversicherung abgeschlossen. Es wird bei ihm eingebrochen und nahezu alle Wertgegenstände gestohlen. Er legt jedoch weder gegenüber der Polizei noch – trotz Aufforderung hierzu – bei seinem Versicherer eine Stehlgutliste vor. Darunter versteht man ein exaktes Verzeichnis der abhanden gekommenen Gegenstände, was sowohl zur Fahndung nach der Beute als auch der Berechnung des Schadenumfangs wichtig ist. Fehlt die Liste, kann der Versicherer die Entschädigung verweigern.

    Die Schadenmeldung sollte daher stets unverzüglich und fristgerecht erfolgen; zudem sind dem Versicherer zudem die Geschehnisse und der Schadenumfang umfassend zu schildern. Bei komplexen Fällen macht es Sinn bereits hierzu einen Rechtsanwalt zu konsultieren!
    Die entsprechenden Details (Fristen, Umfang etc.) sowie die Folgen der Missachtung regeln die Versicherer in ihren jeweiligen Bedingungen. 

Allein dieser kleine Exkurs in das allgemeine Versicherungsrecht zeigt, wie hoch spezialisiert die  Thematik des Versicherungsrechts ist, die neben der bekannten Fahrzeugversicherung auch die Sachversicherungen (Gebäude-, Hausrat-, Inhaltsversicherung), die Haftpflichtversicherungen (Privat-, Berufs-, Betriebshaft-, Produkt- Umwelthaftpflicht etc.), Personenversicherungen (Kranken-, Unfall-, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung) und Vermögensschadenhaftpflicht (Rechtsschutz-, Betriebsunterbrechung, Vertrauensschadenversicherung) sowie sonstige Versicherungen, wie Reise-, Sport- oder Bauleistungsversicherung umfasst.

Aus diesem Grunde ist in den allermeisten Schadenfällen die Begleitung und Durchsetzung der Regulierung durch einen insofern mit der Materie vertrauten Rechtsanwalt unerlässlich. Bei komplexen Fällen sollte bereits die Schadenmeldung mit dem Anwalt abgestimmt werden.

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